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Sonntag, 3. Februar 2013

Für Anwälte ist ein guter Kontakt zu Juristen in großen Unternehmen Gold wert.


Kunden für 95 000 Euro

Für Anwälte ist ein
guter Kontakt zu
Juristen in großen
Unternehmen Gold
wert. Das verschafft
Aufträge. Jetzt lässt sich
der Kontakt kaufen.
VON ME LANI E AMANN
An Juristentage, Anwaltstage oder
Richtertage hat sich das Land gewöhnt.
Doch seit neuestem gibt es
noch einen Juristentreff: den Jahreskongress
der Unternehmensjuristen.
Sie sind keine selbständigen
Anwälte, sondern Mitarbeiter in
Rechtsabteilungen von Firmen wie
Audi, Douglas und RWE, die ihre
Arbeitgeber bei alltäglichen Rechtsfragen
beraten. Ihre Lobby, der
Bundesverband der Untemehmensjuristen
(BUJ), hat in den knapp
zwei Jahren seiner Existenz iooo
Mitglieder gesammelt; zum diesjährigen
Kongress in Berlin kamen
360 Leute und die Justizministerin.
Doch seit seiner Gründung
sorgt das Finanzierungsmodell des
Verbands in Anwalts kreisen für angeregte
Diskussionen. Denn der
Erfolg des BUJ gründet auch auf
der Tatsache, dass seine Mitglieder
für Anwälte heißbegehrte Kontakte
sind. Untemehmensjuristen vergeben
lukrative Mandate: Ob es Ärger
mit dem Bundeskartellamt gibt,
Aktionäre mit Klagen nerven oder
eine Hauptversammlung rechtlich
begleitet sein will - in der Regel
wählt die Rechtsabteilung ihre Advokaten
aus. Große Konzerne haben
die Auswahl formalisiert, auch
um Vetternwirtschaft zu verhindern,
dennoch bleibt ein persönlicher
Kontakt zu „General Counsels“
, den Chefs der Rechtsabteilungen,
für Anwälte enorm wichtig.
Der BUJ versammelt die Crème
dieser begehrten Klientel - lässt
aber nicht alle Anwälte an sie ran.
Kontakt kostet. Nur moderate 50
Euro Jahresgebühr verlangt der
BUJ von neuen Mitgliedern, den
Rest des Verbandsbudgets tragen
Sponsorengeider von einem Dutzend
großer Anwaltskanzleien bei.
Diesen „strategischen Partnern“
verspricht der BUJ in einer Werbebroschüre
von April 2012 Zugang
zur „exklusiven Zielgruppe der Unternehmensjuristen“
- ganz „ohne
Streuverluste“ . Drei Sponsorenpakete
können Kanzleien kaufen, in
den Kategorien Silber, Gold und
Platin. Bronze gibt es nicht, aber
wer wollte auch Bronze sein? Auch
bei Starbucks heißt die kleinste
Kaffeegröße ja nicht „small“ , sonEine
„exklusive ZielgruppeUnternehmensjuristen Foto Jens Gyarmaty
dern „tall“ . 35000 Euro zahlt ein
Silber-Sponsor im Jahr, dafür darf
er sein Logo auf die Verbandsseite
stellen, acht Workshops für die Unternehmensjuristen
ausrichten, Artikel
für eine juristische Datenbank
des BUJ schreiben und Anzeigen
im Verbandsheft schalten.
Gold-Partner zahlen laut Preistabelle
65 000 Euro im Jahr, Platin-
Partner gar 95000 Euro. Dafür
treffen sie hochkarätige Rechtsabteilungsleiter
in kleiner Runde zum
„Round Table“ . Auch zum Kongress
in Berlin waren nur Anwälte
der Premium-Sponsoren zugelassen
und wurden, wie versprochen,
„inhaldich eingebunden“ . Wer weitere
14 900 Euro berappte, durfte
die Tagung „Compliance Summit“
fördern, und für knapp 10 000
Euro den „Syndikus Summit“ .
„Wir haben sehr gute Erfahrungen
mit dem Verband gemacht und
wollen uns langfristig engagieren“ ,
sagt Christian Horstkotte, Partner
für Kartellrecht bei Baker &
McKenzie. Anders als bei anderen
Großkonferenzen stimme bei BUJVeranstaltungen
das Umfeld: wenige,
aber hochkarätige Teilnehmer,
viel Zeit für den fachlichen Aus- •
tausch. Rechtlich ist die Praxis auch
einwandfrei, ein Verband darf Sponsoren
Kontakt zu Mitgliedern verkaufen,
sofern die einverstanden
sind. Heikel ist es aber trotzdem -
ähnlich wie bei Patientenverbänden,
die sich über Sponsoring von
Pharmafirmen finanzieren.
Mancher Anwalt grummelt
schon, da keine Neu-Sponsoren
mehr genommen werden. Das bestätigt
BUJ-Mann Peter Schneider:
„Das Boot der strategischen Partner
ist voll.“ Wie aber aus Sponsoren-
Kreisen zu hören ist, könnte
bald ein Plätzchen frei werden. So
manche Kanzlei sei ernüchtert
über den geringen Ertrag der hohen
Beiträge. Vor allem die Workshops,
intern mühsam vorbereitet,
hätten die Erwartungen mangels
'Teilnehmern nicht immer erfüllt.

FAS Print 3.2.2013

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