Zwangsabgabe für GroßanlegerZypern wird Modell für Bankenrettung
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Wer mehr als 100.000 Euro auf der Bank hat, muss im Notfall bluten: Das Europäische Parlament entscheidet, dass Großanleger für die Rettung von Geldhäusern herangezogen werden können. Eine solche Beteiligung von Kontobesitzern hatte in Zypern kürzlich zu politischem Chaos geführt.
Die Rettung zyprischer Banken war chaotisch, jetzt soll sie zum Modell werden für künftige Krisen: Großanleger sollen nach dem Willen des Wirtschaftsausschusses im EU-Parlament zahlen müssen. Die Parlamentarier verabschiedeten mit großer Mehrheit einen Gesetzesentwurf, der von 2016 an nur Einlagen bis zu 100.000 Euro schützt. Größere Anleger werden herangezogen, aber erst, wenn das Geld der Aktionäre und Anleihegläubiger nicht ausreicht.
Die Banken der Inselrepublik hatten sich unter anderem mit griechischen Staatsanleihen massiv verspekuliert. Um sie zu retten, hatten die EU-Finanzminister und Vertreter von Euro-Gruppe, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds im März eine erste Entscheidung gefällt: Die finanziellen Löcher sollten auch mit dem Geld von Konten mit weniger als 100.000 Euro gestopft werden. Diese Lösung hätte jeden zyprischen Kontoinhaber direkt betroffen. Nach Protesten nahmen die internationalen Geldgeber die Regelung zurück. Nur Großanleger wurden beteiligt, die größte Bank des Landes verkleinert, die zweitgrößte dichtgemacht.
Der Ausschuss lehnte den Vorstoß einiger Länder ab, zur Rettung von Kreditinstituten auch Geld aus den Einlagensicherungssystemen heranzuziehen - in vielen Ländern liegt diese Grenze bei den genannten 100.000 Euro. Diese schützen vor allem Kleinsparer und sollen daher nicht angetastet werden.
Die Abgeordneten folgen damit im Grundsatz den Vorstellungen der EU-Finanzminister, die sich in der vergangenen Woche auf das Vorgehen geeinigt hatten. Einige der 27 EU-Staaten fordern aber mehr Flexibilität, wenn es um die Abwicklung angeschlagener Banken geht. Über die Einzelheiten dürfte noch heftig debattiert werden. Sven Giegold, deutscher Europa-Abgeordnete der Grünen, sagte, die Frage sei, wie bindend die Vorschriften ausfielen und in welcher Reihenfolge die Beteiligten zur Kasse gebeten würden.
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Grundsätzlich soll die Abwicklung von Banken aus der speziellen nationalen Abgabe finanziert werden. Rufe nach einem europaweiten Abwicklungsfonds, wie ihn die EU-Kommission in den kommenden Monaten vorschlagen will, stoßen auf Widerstand aus Deutschland. Vor allem der Verband der Sparkassen und Volksbanken ist dagegen, die derzeit getrennten Einlagensicherungsysteme der Staaten zusammenzulegen.
Linktipp: In einer spannenden Reportage schildert ein Autor des Magazins London Review of Books, wie Zyprer, die von der Zwangsabgabe betroffen sind, darunter leiden und was im Bankensystem des Landes schieflief.
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